Georgien 31. August 2019
Grenzen haben irgendwie immer etwas Spannendes an sich, sogar wenn wir alle Fahrzeugpapiere mithaben (siehe Serbien-Blog – da hatten wir nicht alles). So auch die Grenze zwischen der Türkei und Georgien. Wir kommen am Abend zur Grenze, es ist nichts los und trotzdem dauert das ganze Prozedere eine gefühlte Ewigkeit. Pravek wird mit dem Wohnmobil genau unter die Lupe genommen, während alle anderen durch einen ewig langen dunklen Glaskorridor geschickt werden. Kaum ein Zöllner spricht Englisch. So manch einer kennt nicht einmal das Land Österreich. Nach sämtlichen Kontrollen und Formalitäten werden wir endlich durchgelassen.
Abenteuerlich geht es weiter in der Nacht auf georgischen Straßen – zum Teil ohne Straßenbelag. Wellen, Hügeln, Schlaglöcher - wie wir es bisher noch nirgends erlebt haben. Gleich in der Früh werden wir von Schüssen in unmittelbarer Umgebung geweckt. Da wir an einem Waldrand stehen, erkennen wir schnell, dass es sich um eine Treibjagd handelt und wir nichts zu befürchten haben.
Wir fahren weiter Richtung Armenien auf den mehr als bescheidenen Straßen. Auch Kuhherden gilt es dabei zu überwinden. Man fühlt sich um hundert Jahre zurückversetzt (was nicht negativ zu verstehen ist) – das ist zumindest der erste Eindruck von diesem Land. Auf der Rückfahrt wollen wir uns etwas mehr von Georgien ansehen.
Armenien 1.September 2019 An der armenischen Grenze erwartet uns in etwa ähnliches wie an der georgischen. Es ist wenig los, doch aufgrund der genauen Kontrollen und Befragungen, dauert es sehr lange. Nur mit einem kleinen Zwischenstopp fahren wir direkt weiter in die Hauptstadt Jerewan. Dort wollen wir Freunde besuchen. Da wir letztes Jahr in den Ferien für zwei Wochen in Armenien waren, sind uns Land und Leute nicht mehr ganz fremd. Wir werden von unserer Gastfamilie herzlich empfangen und auch gleich mehr als reichlich verköstigt. Unsere Freundin Hripsime (sie gehört ebenfalls zu dieser Familie) treffen wir nach mehr als einem halben Jahr wieder. Sie hat viele Jahre in Neunkirchen gewohnt und wir kennen sie aus unserer Gemeinde. Seit Jänner wohnt sie wieder in ihrer Heimatstadt Jerewan, wo sie sich erst langsam wieder einlebt. Es hat sich für sie so vieles verändert. Einige Tage bleiben wir nun hier, ehe wir weiterfahren. Die meiste Zeit verbringen wir, wie es scheint, mit Essen und Gesprächen. Diese brauchen allerdings ihre Zeit. Denn es wird zwischen Armenisch, Deutsch, Englisch und Russisch hin-und herübersetzt. Wir besuchen ein paarmal gemeinsam die Innenstadt und einmal das Genozid-Museum. (Wie bereits erwähnt, wurden bis 1915 die Armenier von den Osmanen überfallen, getötet und ihnen ein großer Teil des Landes weggenommen.)
Jerewan
Armenien ist ein gebirgiges Land mit abwechselndem Landschaftsbild. Im Norden und im Süden des Landes gibt es viel Wald. Dazwischen ist das Land sehr karg. Jerewan ist sehr tiefgelegen und im Sommer sind Temperaturen bis zu 45°C keine Seltenheit. Kühe und Hunde auf den Landstraßen gehören zum Alltag, ebenso wie die Obstverkäufer am Straßenrand. Die Straßen sind zwar nicht so schlimm, wie wir sie in Georgien erlebt haben, aber ein gemütliches Reisen kann man es darauf nicht gerade nennen. Vom alten rostigen Lada bis hin zum neuen Mercedes begegnet einem hier alles. Für uns sehr ungewöhnlich ist das Gehupe in den Städten. Das gehört zum Autofahren dazu wie das Blinken. Man hat den Eindruck, wer zuerst hupt fährt zuerst. Aber so ganz haben wir das noch nicht durchschaut. Zwischen den Naturschönheiten und kulturellen Sehenswürdigkeiten stehen oft verlassene rostige Fabriksgebäude. Wie in den meisten südlichen Ländern, gibt es auch hier ein Müllproblem, aber bei weitem nicht so schlimm wie wir es in der Türkei erlebt haben.
Landschaft Norden Armeniens
Was viele nicht wissen, ist, dass Armenien, welches von drei muslimischen Ländern (Türkei, Iran und Aserbajdschan) eingekesselt ist, selbst christlich ist. Es ist das erste Land überhaupt, welches das Christentum zur Staatsreligion ernannt hat und das schon im Jahr 301!
Nach ein paar Tagen in Jerewan machen wir uns wieder auf den Weg in Richtung Georgien und somit beginnt hier unsere Heimreise. Dass wir nicht über Russland fahren werden, wissen wir mittlerweile, da wir am Konsulat erfahren haben, dass wir für das Visum eine Woche warten und 150 € pro Person zahlen müssten. Dazwischen sehen wir uns noch Vanadzor und Alaverdi im Norden Armeniens an. Die Temperaturen sind mittlerweile schon merklich gesunken. In Jerewan war es tagsüber immer noch sehr warm, aber in den Bergen spürt man den Herbst schon. Auch Regen und Gewitter erleben wir in dem sonst heißen Armenien.
Alaverdi, Kloster
Die letzte Nacht in Armenien verbringen wir nahe der Grenze in Bagratasen auf einem Sportplatz. Da auch gleich einige Kinder sich um uns versammeln, dauert es nicht lange und Pravek und Jan spielen mit ihnen Fußball bis es finster wird. Wie so oft, warten auch hier freundliche Streunerhunde vor unserem Womo auf etwas Essbares. So manche Wurst (oder was halt vorhanden) sind wir auf diese Weise schon losgeworden.
GEORGIEN Am 7. September reisen wir wieder in Georgien ein – diesmal im Osten und siehe da: Es gibt auch relativ schöne Straßen in diesem Land! In Marneuli finden wir zu unserer Überraschung einen „Spar“. Das Einkaufen ist trotzdem nicht so einfach dort, da die Georgier wieder eine andere Schrift haben und im Gegensatz zu Armenien (die haben auch eine eigene) die Dinge auch nicht in einer zweiten Schrift wie Kyrillisch (das können wir mittlerweile wenigstens langsam aber doch entziffern) beschriftet sind.
Unser nächstes Ziel ist die Hauptstadt Tbilisi (Tiflis), die wir am Abend mit dem Fahrrad erkunden. Es ist eine schöne moderne Stadt mit alten und neuen Bauten am Fluss Kura gelegen. Alles ist wunderschön beleuchtet und man sieht, dass hier viel Geld aufgewendet wurde…..was leider im restlichen Land fehlt…. Obwohl hier viele Touristen unterwegs sind, trifft man hier kaum auf Österreicher. Aber am Parkplatz spricht uns doch ein ehemaliger Neunkirchner (wohnt jetzt in Salzburg) an. Er gibt uns ein paar Tipps, was man in der Stadt sehen kann…. Trotz Regen und Kälte besuchen wir am nächsten Tag - den auf einem Hügel gelegenen Ort - Mcheta, wo wir uns ein altes Kloster ansehen und die schöne Aussicht auf die Vorstadt von Tbilisi und die hügelige Umgebung genießen können. Später fahren wir nochmal nach Tbilisi, wo wir uns diesmal auch die Altstadt ansehen und auch zur Burg hinauf wandern. Renate und Jan besuchen abschließend auch noch das Illusionsmuseum (optische Täuschungen…). Es gäbe noch so viel mehr zu sehen….
Fotos: Tbilisi, Mcheta
Eines Morgens spricht uns ein deutschsprechender Georgier an und lädt uns zu ihm nach Hause ein. Da wir doch neugierig auf Land und Leute sind und wir mit den wenigsten Georgiern gut kommunizieren können, nehmen wir die Einladung an. Es stellt sich heraus, dass er und seine Frau (sie ist Österreicherin) in Vorarlberg wohnen und sie hier in seinem Elternhaus gerade auf Urlaub sind. Sie erzählen uns über ihr Leben und vor allem über die Zeit als das Land noch Teil der Sowietunion war. Es war wieder eine von mehreren netten Begegnungen, die wir hatten.
Auf dem Weg zum Bordzomis Nationalpark bleiben wir noch in der Geburtsstadt Stalins - in Gorni -stehen und besuchen das Stalin-Museum.
Im Bordzomis Nationalpark unternehmen wir eine kleine Wanderung auf den Mount Cross und am Tag darauf gönnen wir uns eine geführte Reittour durch den Wald. Obwohl die Führer ohne Pferde unterwegs waren und wir fast alles im Schritt gehen mussten (es war ohnehin viel bergauf zu reiten), war es ein schöner Ausritt durch einen scheinbar unberührten Urwald.
Fotos: Wandern, Reiten NP
Ein Gast im Womo
Wir haben schon viele interessante Begegnungen mit unterschiedlichen Leuten gehabt, aber diese eine werden wir wohl nicht vergessen: Eines Morgens spricht uns ein kleingewachsener, armer, alter Mann mit nur mehr wenigen Zähnen im Mund an und bittet um eine Zigarette. Wir erklären ihm, dass wir keine hätten und laden ihn in unser Womo ein. Als er hereinkommt, freut er sich wie ein kleines Kind und zeigt uns was er alles haben möchte: Weintrauben, eine braune Banane, Fischdosen….eben alles was wir noch so an Vorräten haben. Da er wirklich nichts zu haben scheint, geben wir ihm all unser letztes Essen. Er erzählt uns unter Tränen auf Georgisch was er erlebt hat. Leider verstehen wir kein Wort, aber wir lassen ihn seine Sorgen von der Seele reden und hören zu. Er dürfte Schlimmes, wie Gewalt, erlebt haben. Manchmal legt er sich auf die Bank und schließt die Augen. Wir stehen etwas ratlos daneben. Dann erbettelt er sich noch einen Kugelschreiber und ein Halstuch. Das Schulbuch von Jan will er auch, aber das können wir ihm nicht geben. Zum Schluss schenken wir ihm noch ein paar Schokis und beten für ihn, was ihn ganz besonders berührt…und uns dann auch….
Auf den Straßen Georgiens
Wir setzen unsere Fahrt nach Batumi fort. Es liegen noch ca. 160 km vor uns. Die Straßen sind (bis jetzt) gut und so nehmen wir an, dass wir in gut zwei Stunden in der Hafenstadt ankommen werden. Aber allmählich wird die Straße immer schlechter. Irgendwann fahren wir nur mehr auf Schotter durch die Berge. Rechts ist die Felswand, links der Abgrund. Die Serpentinenstraßen werden immer schmäler und holpriger. Man kann nur mehr höchstens 20 km/h fahren. Dieser Zustand hält ca 50 km an. Das kann man nicht beschreiben, das muss man erleben. Ebenso die Fahrweise der Georgier, egal auf welcher Straße, ist mehr als ungewöhnlich – harmlos ausgedrückt. Was uns entschädigt, ist die wunderschöne Berglandschaft mit ihren grünen Almen.
Ziel leider nicht erreicht Auf einem Pass (bei Kuhlo) wollen wir (Pravek und Renate) ca. 6 km mit dem Fahrrad zum „Grünen See“ (ja da gibt es auch einen – nicht nur in der Stmk) fahren. Nach 4 km Fahrt und herrlicher Landschaft beginnt es zu regnen und dann noch zu graupeln. Wir stellen uns in einer Scheune unter und warten bis es vorbei ist. Da die lehmigen Straßen ganz matschig sind, kommen wir mit den Rädern leider nicht mehr bist zum Grünen See. Schade! Auf der Weiterfahrt (wir glauben es kaum - die Straße hat wieder Asphalt) unternehmen Pravek und Jan auf dem Fluss eine Bootsfahrt.
Batumi erreichen wir nun erst am nächsten Tag. Sie wird immer wieder als das Las Vegas von Georgien bezeichnet. Damit haben die Leute nicht ganz unrecht. Luxus, Prunk und Glitzer….sieht eh alles sehr schön aus, aber wenn wir an die Straße ohne Asphalt denken, fragen wir uns, ob das Geld nicht an der falschen Stelle ver(sch)wendet wurde. Wir halten uns nicht lange in Batumi auf, aber eine Radfahrt an der Strandpromenade und ein Besuch im Park ist schon noch drinnen.
Fotos von Batumi
Ursprünglich war auch in Georgien ein Hilfseinsatz angedacht, aber die Organisation hat sich bei uns nicht mehr gemeldet….aber wir sind nun in Kontakt mit einer Organisation in der Dominikanischen Republik, wo unser zweiter Teil der Reise hinführen soll.
Doch vorher fahren wir über die Türkei an der Schwarzmeerküste entlang nach Hause.
Ausblick auf die Heimfahrt...
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